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Canal du Rhône à Sète bis Aigues Mortes

 

Am nächsten Morgen schaue ich mich um. Ich habe prima geschlafen und meine Seile ( der Bootsmensch nennt sowas natürlich Tampen oder Festmacher / Hinweis von Havelskipper im Gästebuch: Kleine Bootskunde:Sportschiffer nennen die
Festmacher "Enden".Und das Ende vom Ende ist der Tampen. Alles klar? Ahoi ) sind noch da, wo sie sein sollen.

Vor dem Frühstück fahre ich noch mit dem Fahrrad zur Kathedrale ST Pierre-et ST Paul de Maguelone und dem angrenzenden Strand des Mittelmeers. Von meinem Anlegeplatz sind das nur etwa 1,5 km. Die Kirche war für einige Zeit Sitz eines Papstes und ist schön anzusehen.

Der Sand-Strand ist einige Kilometer lang und naturbelassen. Die einsamen Dünen sind im Sommer Tummelplatz für Nudisten aus der Region. Die Gegend gefällt mir. Hier ist eine der wenigen Stellen in Europa, wo man mit einem Schiff binnenseitig fast bis zum Strand des Mittelmeers gelangt und dort kostenlos im Canal festmachen kann.

Es gibt Sonnenschein und so öffne ich nach einem ausgiebigen Frühstück meine Persenning und mache das Schiff nun endgültig reisefertig.

In eine Kiste kommt alles das, was ein Freizeitkapitän am Tag so auf dem Freideck braucht. Da ich ja alleine unterwegs bin, muss ich vorsorgen. Ich kann nicht wegen jeder Kleinigkeit unter Deck laufen. Das Schiff ist dann ja führerlos.

So sammelt sich in meiner Deckskiste ein Allerlei.

Fernglas, Handfunkgerät, Tröte, Süßigkeiten, Butterbrot, Wasserkarten, Klebeband, Messer, Obst, Kaffeekanne, Tasse, Wasserflasche etc., eben alles, was der unerfahrene Kapitän am Tag zu gebrauchen denkt.

Das man auch auf dem Binnengewässer, trotz guter Brille, ein Fernglas braucht, habe ich bereits gestern gemerkt. Die Schilder mit schriftlichen Hinweisen an der Binnenwasserstraße sind meist ausgesprochen klein gehalten. Die sollen sicher nicht die Landschaft verschandeln. Ohne Fernglas ist man deshalb in Sachen Information aufgeschmissen.

Alles ist verstaut und ich kann aufbrechen. Meine Motoren starten problemlos. Ich löse die Festmacher und lege ab; ganz, ganz vorsichtig. Mein Platz ist bei herrlichem Sonnenschein wieder auf dem Freideck. Von hier hat mein eine wunderschöne Rund-um-Sicht.

Als erstes kommt eine Wende auf engem Raum, denn ich habe ja gestern mein Schiff ,etwas unfreiwillig, im Kanal gedreht.

Die Wende schaffe ich Dank der beiden Maschinen und dem Bugstrahlruder ohne jedes Problem.

Ich bin wieder auf dem Weg Richtung Heimat !  

Vorbei an Palavas les Flots  mit seinem unübersehbaren, Nachts ganz toll beleuchteten Wasserturm, geht  es Richtung Aigues Mortes. Hier ist die Region Languedoc-Roussillon, doch die Camargue kommt langsam näher.

An beiden Seiten des Canals breiten sich auf weiteren Kilometern die Salzseen aus. Rosa Flamingos staken auf Ihren hohen Beinen durch das niedrige Wasser und suchen nach Nahrung. Über mir fliegt ein ganzer Schwarm dieser großen und doch so grazilen Vögel. Es ist ein tolles Bild!

Im weiteren Verlauf wird der Canal gerade ausgebaut. Rechts und links sieht es ein wenig nach Baustelle aus. Aber ich genieße meinen zweiten richtigen Reisetag.

Nach wenigen Stunden erreiche ich problemlos den Hafen von Aigues Mortes. Diese Stadt ist mir durch vorherige Aufenthalte wohl bekannt und ich freue mich schon auf die von einer riesigen Mauer umgebene Altstadt.

Aigues Mortes liegt in einer weiten Ebene. Vom Meer kommend, ragen die Mauern unvermittelt in die Weite der Landschaft und demonstrieren die Wehrhaftigkeit dieser Anlage. Für mich ist Aigues Mortes eine der imposantesten, von einer Stadtmauer umgebenen Städte, die ich kenne.

Der Hafen liegt, nur durch eine Straße getrennt, direkt an der Stadtmauer und bietet einen schönen Blick auf die alte Stadt. Am Abend ist alles toll beleuchtet und sieht noch gewaltiger aus.

Bei der Ankunft habe ich schon ein wenig Herzklopfen. Zum ersten mal in meinem Leben steuere ich ein Schiff in einen Hafen. Gott sei Dank ist der recht weitläufig und es gibt noch viele freie Plätze.

Nach einer Besichtigungsrunde steuere ich auf einen Kai zu.  Sofort eilt ein hilfsbereiter Deutscher und ein netter Schwede zur Hilfe und vertäuen mein Schiff fachmännisch längsseits zum Ufer.

Alles läuft problemlos und mir fällt ein Stein vom Herzen. Auch wenn ich es immer wieder verdränge, mache ich mir doch meine Gedanken über das, was mir an Fahrpraxis noch fehlt und die Manöver, die ich noch nicht beherrsche. Hier legen normal alle Boote rückwärts an. Dieser Kelch ist an mir vorüber gegangen. Es hätte jede Menge schaulustige Touristen gegeben. Ich sollte an einer stillen Ecke mal üben!

Meine Helfer stellen sich vor. Sie haben mit ihren Schiffen hier im Süden überwintert. Der Deutsche freut sich auf jeden Landsmann, den er hier trifft.

Als ich ihm meine Geschichte und den vorgesehenen Heimweg beschreibe, vermittelt er mich sofort an einen Bekannten, den er zu mir bestellt. Der ist 40 Jahre durch Frankreich und die Welt geschippert und kennt die Kanäle wie seine Westentasche. Erst vor zwei Monaten hat er ein Schiff nach Deutschland überführt. Er wohnt nun mit seiner Frau in Aigues Mortes. Sein Schiff hat er auf Wunsch seiner Frau schweren Herzens verkauft und das Geld in ein Appartement investiert. Sein Herz hängt aber weiterhin an der Schifffahrt und so ist er fast immer im Hafen zu finden.

Seine wertvollen Tipps für die Weiterreise sind mir willkommen. Er ist er ein angenehmer Mensch und so leeren wir einige Gläser guten Rotweins bei angeregtem Gespräch.

Den hilfsbereiten Schweden und seine Frau treffe ich auf der Weiterreise noch öfter.

Im Mai 2011, also erst vor wenigen Monaten, bin ich dem Wohnmobil untreu geworden und hatte mir mit Freunden für einen Monat ein Appartement in Aigues Mortes gemietet. Ich rufe unsere damaligen netten Vermieter an und am Abend gibt es an Bord ein Wiedersehen. Es sind unsere/meine ersten Gäste!

Am nächsten Tag zahle ich beim Hafenmeister für eine Nacht 22 Euro (Sonderpreis weil ich so sympathisch bin). Normal ist für ein Schiff unserer Größe ein Preis von ca. 35 Euro je Tag auf den Tisch des Hauses zu legen. Ganz schön happig denke ich mir! Aber hier ist eine touristische Hochburg. Ab Ostern ist die Gegend voller Charterboote und von denen fragt keiner nach dem Preis.

Da um diese Jahreszeit am Wochenende die Capitainerie geschlossen ist, spare ich die Zahlung für die weiteren Nächte. So habe ich insgesamt einen für mich akzeptablen Preis entrichtet.

Ich genieße die Stadt, den Wein, gutes Essen und die Möglichkeit, meinen Proviant zu vervollständigen.

Die netten Gespräche und das Wissen, das mir hier übermittelt wird, komplettieren den angenehmen Aufenthalt in dieser Stadt.